Baulast als Duldungspflicht i.S.d. § 1004 Abs. 2 BGB

Ein Grundstückseigentümer, der eine Baulast zugunsten eines Nachbargrundstücks übernommen hat, kann von dem Begünstigten keine Handlungen verlangen, die diesen gerade an der Ausübung der ihm zustehenden Rechte hindern. Insbesondere kann er keinen Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 2 BGB geltend machen. 

Kommentar

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH begründet eine zugunsten eines anderen übernommene Baulast zwar nur eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die insbesondere dem Eigentümer des begünstigten Grundstücks keinen privatrechtlichen Nutzungsanspruch gewährt. Allerdings ist der Baulastgeber an die von ihm gegenüber der Bauaufsichtsbehörde übernommene Verpflichtung gebunden. Aus diesem Grund steht – wie der BGH bereits 1981 entschieden hat – der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) einem baulastwidrigen Herausgabeverlangen des Eigentümers entgegen (BGH, Urt. v. 9. Januar 1981 – V ZR 58/79).

Nach Ansicht des OLG Hamm kann nichts anderes für den Unterlassungsanspruch gelten. Denn das baulastrechtswidrige Verlangen eines Grundstückseigentümers sei in beiden Fällen rechtsmissbräuchlich. Wenn sich jemand gegenüber der Bauaufsichtsbehörde verpflichtet, seinem Nachbarn ein Nutzungsrecht zu gewähren, so darf er keine Handlungen vornehmen, die dazu im Widerspruch stehen, die also den Nachbarn an der Ausübung der Rechte aus der Baulast hindern. Dies gilt jedenfalls, solange keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Bauaufsichtsbehörde die Baulast nicht durchsetzen oder auf sie verzichten wird. Bei der Frage des Rechtsmissbrauchs darf nicht allein die privatrechtliche Beziehung der Parteien berücksichtigt werden. Es kommt insoweit auch auf die sich aus dem öffentlichen Recht ergebenden Verpflichtungen an.

Die Entscheidung des OLG Hamm steht nicht im Widerspruch dazu, dass eine Baulast dem Begünstigen grds. keinen zivilrechtlichen Nutzungsanspruch gewährt. Es wird dem Baulastbegünstigten „nur“ eine Abwehrmöglichkeit gegen ein baulastwidriges Verlangen eingeräumt. Diese Abwehrmöglichkeit gilt jedoch nur für die Zeit des Bestands der Baulast und bleibt damit hinter einem zivilrechtlich gewährten Nutzungsrecht zurück, zumal allein die Bauaufsichtsbehörde über den Fortbestand einer Baulast entscheidet.

Autor:              Ines Hartwich – ih@kfr.law

Fundstelle:     OLG Hamm, Urt. v. 6. Juli 2017 – 5 U 152/16, abgedruckt in: RNotZ 2017, 665

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